02.11.2015
Ganz nahe wollte man im Mittelalter den Heiligen sein, sogar im Tode, als sich adelige Frauen und Männer in der Kardener Stiftskirche St. Castor
beerdigen ließen. Die für dieses Jahr letzte Veranstaltung des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Regionalverband Cochem-Zell, führte in den historischen Stiftsbezirk an der Mosel, der bereits in der Antike ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt war.
In der spätromanischen Stiftskirche erklärte Professor Dr. Wolfgang Schmid von der Universität Trier als profounder Kenner die abwechslungsreiche Geschichte der Bestattungssitten von der Antike über das Frühmittelalter bis in die Neuzeit. Eigentlich wähnte man sich bestens informiert über
die Historie von St. Castor, doch bei dem Rundgang machte der Wissenschaftler auf Details aufmerksam, die einem ansonsten nicht auffallen. Interessant und aufschlussreich die lange Entwicklung der Grabdenkmale und ihrer Inschriften, die bereits im 13. Jahrhundert ihren Anfang nahmen, dann spärlicher verliefen um wieder im 16. und 17. Jahrhundert dichter zu werden. Zuerst wurden die Toten in dem Gotteshaus unter der Erde bestattet und mit entsprechenden Grabplatten versehen.
Später ging man aber dazu über, diese Grabmäler auf den Stiftsfriedhof zu verlegen denn der Geruch wurde immer unerträglicher für empfindsame Nasen. Es waren zu knapp 80 Prozent Kleriker, die in der Stiftskirche ihre letzte Ruhe fanden, unterstrich der Professor. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass immerhin 70 Prozent aller Grabmäler innerhalb von 100 Jahren entstanden sind.
Neben den Klerikern sind natürlich Adelige aber auch Bürgerliche dort beerdigt. Noch in der Barockzeit, als es bereits Schusswaffen gab und Harnische und Visiere damit nutzlos waren, wurden die verstorbenen Grafen oder Freiherren in ihren Rüstungen abgebildet, um sich so vom nichtadeligen Volk abzuheben. Normalerweise gab es für sie dynastische Grablegen. Auffallend ist auch, dass lediglich ein Propst, also der oberste Stiftsherr, in Karden, seine letzte Ruhe in Karden fand, die anderen wurden in Trier bestattet. Da soll nochmals einer sagen, ein Stift sei eine reine Männergesellschaft gewesen, dem war nicht. Immerhin sind acht Grabdenkmale vermutlich älterer Damen in St. Castor nachgewiesen. Eventuell handelte es sich um Mütter oder um Frauen, die den jeweiligen Stiftsherrn unterstützten. Auf alle Fälle sind die Grabplatten, bestehend aus Basalt zwei Meter hoch und einen Meter breit, künstlerisch auf hohem Niveau bearbeitet worden, obwohl es bei diesem Material nicht ganz so einfach ist.
Der Geschichtswissenschaftler von der Trierer Uni ließ in seinem informative Vortrag auch die Organisation des Kardener Stiftsbezirks Revue passieren, die viele Kleriker in den verschiedensten Dienstämtern aufzuweisen hatte, wobei auch mehrere “Zivilangestellte” dort tätig waren. Es war ihm aber auch ein besonderes Anliegen auf die Bedeutung des kulturellen Erbes in der Region hinzuweisen. “Es dürfte niemals passieren, dass archäologische Grabungen, wie unlängst in Kobern-Gondorf, gegen einen Supermarkt ausgespielt würden”, so sein Appell. Beide Seiten müssten ihre Anliegen mit Augenmaß vertreten, zumal das
kulturelle Erbe unbedingt erhalten werden müsse, unterstrich nachhaltig der Professor. Das Referat des Historikers beeindruckte die Zuhörer stark.
Ein Bericht von
Gerhard Schommers
RV Cochem-Zell
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