01.07.2020
Nachdem wir in den letzten Wochen Bullay mit der Doppelstock-Brücke und Alf „in Bildern“ besuchten geht es heute rund um die heutige Ruine des ehemaligen „adligen Frauenklosters Stuben“.
Wie viele Quellen berichten, wurde dort von den „adeligen Fräuleins“ nicht nur gebetet, gefastet und gearbeitet.
Man lebte als adelige Klosterfrau „standesgemäß“, in eigenen Häusern und mit Dienst-Personal. Das galt zumindest für die „Fräuleins“, die mit guter Mitgift ins Kloster eintraten. Die „Fräuleins“ aus dem ärmeren Adel lebten deutlich bescheidener.
Wie dieses Leben ausgesehen haben soll hat Josefine Wittenbecher in ihrem Buch „Die Frauen von Stuben“ beschrieben – mit viel Realität aber sicher auch mit etwas Phantasie. Das Buch, 2006 im Porta Alba-Verlag mit der ISBN 3-933 701-24-4 erschienen, ist lesenswert und im Buchhandel erhältlich. Auf dem Einband liest man:“ Josefine Wittenbecher erzählt die authentische Geschichte der Maria Theresia von Sohlern, die von ihrer Familie ins Kloster Stuben abgeschoben wird. Die junge Frau ist unglücklich in dieser Zwangsgemeinschaft, die von Neid und Missgunst geprägt ist. Der erzwungene Weg wird ihr unerträglich. Verzweifelt versucht sie, ihre Freiheit zu gewinnen. In einem faszinierenden Zeitporträt beleuchtet die Autorin den Verfall der Sitten in den Klöstern Stuben und Springiersbach im ausgehenden 18. Jahrhundert.“ In der „guten alten Zeit“ war halt eben nicht alles gut.
Kurt Bergen aus Neef veröffentlichte 2002 eine umfangreiche Dokumentation „Dem Calmont gegenüber“. Diese ist sicher noch bei Kurt Bergen erhältlich.
Ich zitierte aus dieser Dokumentation:
„Nun beginnt die Geschichte von Kloster Stuben, auch „Insula St. Nicolai“ genannt, die von der Mosel umflossene Landzunge, welche in älteren Schriften eine Insel genannt wird. Ein frommer Mann, genannt Egelolf, hatte den Wunsch, hier ein Kloster zu errichten, in welchem seine Tochter Gisela mit Jungfrauen und Witwen die Erfüllung finden sollten. Die Kapelle des heiligen Nikolaus, also Egelolfs Kapelle, konnte für Gottesdienste des zunächst kleinen Konvents, der in ihr das Chorgebet hielt, übernommen werden. Der Trierer Erzbischof Albero bestätigte 1137 die Umwandlung des Hofes in ein Kloster und setzte die Zahl der aufzunehmenden Schwestern auf höchstens 100 fest. Der Hof Egelolfs mit seinen Weinbergen reichte zum Lebensunterhalt für 100 Nonnen in keiner Weise. Albero schenkte dem neugegründeten Kloster 1140 die ihm überlassenen Einkünfte von Pfalzqraf Wilhelm, Einkünfte der Filialkirche in Neef und den Zehnten von Feldern in Düngenheim.
Jetzt ein Sprung in der Geschichte: Heinrich von Ulmen ereutete als Beteiligter des 4. Kreuzzugs in Byzanz ein unschätzbar wertvolles Kreureliquier, die heute im Limburger Domschatz befindliche „Staurothek“. 1208 schenkte Heinrich von Ulmen diese Staurothek den Augustinerinnen im Kloster Stuben. Nach der Auflösung von „Stuben“ im 18. Jahrhundert kam die Staurothek nach Limburg. Teile der Kapelle, in der einst dieses wertvolle Reliquiar aufbewahrt und gezeigt wurde, sind heute noch bergseits der Kirchenruine unter einem Schutzdach zu sehen. Das Reliquiar brachte unzählige Pilger und entsprechende Einnahmen nach Stuben.
Nach Auflösung des Klosters Ende des 18. Jahrhunderts verfielen die Klostergebäude und die Ende des 17. Jahrhunderts an Stelle einer romanischen Kirche erbaute Kirche in gotisierenden Formen. Verblieben ist die Ruine dieser Kirche mit den dahinter befindlichen Resten der ehemaligen Reliquien-Kapelle. Was zur Auflösung des Klosters führte kann man wie folgt nachlesen: „In den folgenden Jahrhunderten hatte Stuben wiederholt mit Verstößen der adeligen Nonnen gegen das Gelübde der persönlichen Armut zu kämpfen. Nach zahlreichen aber vergeblichen Reformversuchen wurde der Konvent 1788 angesichts der wirtschaftlichen und auch disziplinären Verhältnisse nicht nur einfach in ein freies Damenstift umgewandelt, sondern auch als Versorgungsanstalt für die Töchter sechs kurtrierischer Beamter bestimmt. Die Aufhebung ließ aber nicht lange auf sich warten und erfolgte schon 1794.
Die Mosel hat dank ihrer landschaftlichen Schönheit viele Maler angezogen, so auch C. Hauptmann der um 1908 zahllose Objekte entlang der Mosel zeichnete, so auch die Ruine Stuben in der umliegenden Flusslandschaft. C. Hauptmann schreibt hierzu: „Aber wir freuen uns der herrlichen Ausschau, die sich uns hier von unserer Straße zeigt. Gerade vor uns und rechter Hand steigen die steilen Schieferhänge des Calmont zu schwindelnder Höhe hinauf. in ihrem der Mittagssonne zugekehrten Halbrund klettert die Rebe bis zur äußersten Grenze ihres Gedeihens empor, wo struppiges Gebüsch an ihre Stelle tritt. Ein breiter, leuchtend grüner Wiesenplan zieht sich auf der Gegenseite des Flusses bis zum Maiengrün des Waldes, blühende Obstbäume zeichnen die Schatten ihrer rosigen Kronen drauf.
Inmitten dieser Maienpracht hebt sich trauernd die langgestreckte, altersgraue Ruine einer Kirche. Gotische Fenster reihen sich in der Länge des ganzen Gebäudes, welches nach oben in gerade, glatter dachloser Linie endet. Als das Kloster im Jahre 1136 gegründet wurde, wählte man dazu die damals in der Mosel liegende St. Nikolaus-Insel. Im Laufe der Zeiten haben Hochwasser und Eisstauungen den Fluss mehr auf den Calmont hin verschieben und den jenseitigen Flussarm mit Geröll aufgefüllt, so dass die Ruine jetzt auf dem rechten Moselufer liegt. Ihr gotischer Stil zeigt, dass sie nicht der ursprünglichen Gründung angehört sondern später entstanden ist.“!
Die folgende Postkarte, das Foto dürfte zwischen den Weltkriegen entstanden sein, zeigt noch die ehemalige Nutzung als Wiese und sicher auch als Streuobst-Gebiet. Später, wohl erst nach dem zweiten Weltkrieg, wurde das gesamt Gelände mit Rebstöcken bepflanzt. Die Ruine lag inmitten der Weinberge und das Eigentum der Winzer ging mitten durch die Ruine. Ernst später im Rahmen einer Flurbereinigung gingen die Ruine und die umgebenden Flächen in den Besitz der Gemeinde Bremm über. Im Rahmen des „Calmont-Projekts“ wurden ab 2000 die Ruine und insbesondere die Mauerkronen gesichert, im Innern der Ruine der ursprüngliche Boden der Kirchenfläche freigelegt, ebenso die Grundmauern der bergwärts liegenden ehemaligen Reliquien-Kapelle. Nach Abschluss dieser Arbeiten findet eine vielfältige Nutzung statt. Man trifft sich dort zu Vereins- und Familienfeiern und zu Musikveranstaltungen.
Für Spaziergänger und Wanderer wird eine wunderbare Wanderstrecke empfohlen: Man parkt in Neef auf dem Parkplatz zwischen Dorf und Mosel und wandert Moselabwärts unterhalb der Steillage des “Neefer Frauenbergs“ bis zur Ruine Stuben.
Kurz vor der Ruine zeigen Wegweiser den Weg hinauf zum Neefer Petersberg. Auf diesem Weg befanden sich früher die Bildstöcke der „sieben Fußfälle“. Es war auch der Weg der Bewohnerinnen von Stuben hinauf zum Petersberg mit seiner von einem wertvollen Altarbild geschmückten Kapelle. Der Weg führt über den Neefer Friedhof, als „am schönsten gelegener Friedhof Deutschlands“ bezeichnet. Wunderbare Ausblicke ins Moseltal Richtung Ediger-Eller, den Steilhang des Calmonts und den Doppel-Eingang des „Kaiser-Wilhelms-Tunnels“. Wenige Schritte abwärts geht der Blick ins Tal über Neef, rechts liegt der Weinort Bremm und Mosel aufwärts sieht man St.Aldegund, Bullay und Alf. Das Moseltal wird abgeschlossen vom Prinzenkopf und der Marienburg. Durch die Weinberge geht’s dann abwärts nach Neef und zum Parkplatz. Man schafft diesen einmalig schönen Weg in rund zwei Stunden voller schöner Erlebnisse.
Ein Bericht von
Gerhard Schommers
RV Cochem-Zell
Alle verwendeten Abbildungen sind gemeinfrei.
Unser Verlag
Versandkosten und Versandinformationen
Wir berechnen:
je nach Größe und Gewicht der Sendung mindestens 2,60 € bis maximal
4,99 € inkl. Verpackungsmaterial.
Bei Bestellungen größerer Mengen kontaktieren Sie uns bitte vorab unter: rheinischer-verein@lvr.de
Bankkaufmann, Dipl.-Betriebswirt, Dipl.-Volkswirt
Thematische Schwerpunkte
Regionale Verantwortung
Kontakt
rudolf.conrads(at)rheinischer-verein.org