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Postkarte der Marienburg auf einer Erhöhung direkt an einer Moselschleife © gemeinfrei

Rundbrief vom Regionalverband Cochem-Zell – Mai 2021

01.05.2021

„Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt“. Fast in Sichtweite von meinem Haus liegt die ehemalige Kreisstadt Zell. Mit den St. Aldegunder Senioren unternehme ich regelmäßig (zur Zeit leider nicht) kleine Kultur-Ausflüge. Jeder St. Aldegunder und auch viele aus dem Umland waren x-mal in Zell. Aber wurde dabei auch entdeckt, was Zell architektonisch so besonders macht?

Was Bruno Möhring für Traben-Trarbach und sein Stadtbild bedeutete ist Otto Finé für die Stadt Zell. Im Buch von Gerd Bayer „Der Zeller Architekt Otto Finé“ heißt es: “Fast in Vergessenheit geraten ist der Zeller Architekt Otto Finé, der über ein halbes Jahrhundert viele wichtige Bauten in Zell und Umgebung entworfen hat und als Bauleiter seine Entwürfe bis zur Fertigstellung der Gebäude begleitete.

Otto Finé wurde am 24. Mai 1880 in Saarlouis geboren. Nach dem Abitur 1898 studierte er zunächst an der Baugewerbeschule in Bingen, die er 1901 als Bautechniker verließ. Anschließend besuchte er die Baugewerbeschule in Aachen und war nach Angaben der Familie auch an der TU Aachen als Architektur-Student eingeschrieben. Aus seiner Bestallung als Bausachverständiger in Zell geht hervor, dass er gute Zeugnisse der Bauwerks-schulen Bingen und Aachen vorlegen konnte“.
Aus dem Stadtratsprotokoll der Stadt Zell/Mosel vom 14.8.1906 geht hervor, dass er seit dieser Zeit als Bausachständiger in Zell beschäftigt war. Hier heißt es in preußischem Verwaltungs-deutsch: Der Herr Regierungspräsident zu Coblenz hat durch Verfügung vom 28. Juli 1906 angeordnet, dass ihm nach sechs Monaten über die Regelung der Prüfung und Überwachung der Bauten in der Stadt Bericht zu erstatten sei“.

Vor dem ehemaligen Landratsamt Zell, erbaut 1951/1952 nach Plänen von Otto Finé, versammelten sich die St.Aldegunder Senioren um mit Franz Piacenza als hervorragend informierten Referenten und Sohn der Stadt Zell zu einem Rundgang zu den zahlreichen Finé-Bauten. 

Anders als die vielen Winzer die 1926 das Finanzamt Bernkastel stürmten um u.a. die existenz-bedrohende Weinsteuer zu kippen kamen die 31 St. Aldegunder Senioren in friedlicher Mission wie man auf dem Foto auf der „Freitreppe“ des ehemaligen Landratsamtes und heutigen Finanzamtes sehen kann.
Im Rahmen des Projekts „Senioren in Bewegung“ kamen rund dreißig St. Aldegunder Seniorinnen und Senioren vor dem Zeller Finanzamt zusammen um „auf den Spuren von Otto Finé“ Zell zu erkunden. Mit Franz Piacenza war ein kenntnisreicher Referent gefunden. „Otto Finé, 1880 im saarländischen Saarlouis geboren, kam als junger Architekt um 1906 nach Zell und prägte mit seinen vielen außergewöhnlichen Bauten das Stadtbild von Zell äußerst positiv bis in die heutige Zeit“. Der Stadtbereich „Corray“ moselseitig ist nahezu eine geschlossene Zeile an gut erhaltenen und gepflegten Finé-Bauten. Otto Finé legte dabei nicht nur hohen Wert auf individuelle Fassaden – immer an die Wünsche und den Geldbeuteln der Bauherren angepasst. Auch bei der Gestaltung der Innenräume sorgte er für eine großzügige und wohnliche Atmosphäre.
Zur Moselseite gehörten immer eine oder mehrere Loggien oder Balkone zu den Finé-Häusern. Die Eigner sollten sich in ihren Häusern wohl fühlen. Aber nicht nur Wohngebäude zählten zu den Werken von Otto Finé. So wurde 1912/1913 nach seinen Plänen die „Amtsverwaltung“ errichtet. Allein drei verschiedene Finé-Bauten beherbergten über die Jahrzehnte die Sparkasse.
Nach dem Weltkrieg gehörten zu seinen Spätwerken das ehemalige Landratsamt, das Ärztehaus am Marktplatz sowie die Realschule in der Gartenstraße. Und die „Frauenempore“ der ehemaligen Synagoge ist ebenfalls ein Finé-Werk. „Wir waren schon tausendmal in Zell – aber erst jetzt haben wir viele sehenswerte Bauwerke kennen gelernt auf die die Zeller stolz sein können und die sie erhalten sollten“ – das war die einhellige Meinung der St. Aldegunder Senioren nach dem zweistündigen Rundgang.

Gebäude Corray 1: ehemalige Amtsverwaltung Zell/Land; repräsentativer Mansarddachbau mit Risaliten in Heimatstilformen, 1912/13, Architekt Otto Finé. © P170, wikimedia

Die Straße „Corray“ stellt sich noch heute als ein „Finé-Museum“ dar. Die „Handschrift“ von Finé ist an allen Bauten zu erkennen, aber jedes der Häuser links und rechts von „Corray“ ist ein Unikat und gottlob erhalten geblieben.

Es lohnt sich, einen Spaziergang durch die Straße ab dem heutigen Finanzamt Richtung Merl zu gehen und dabei rechts und links die prächtigen Bürgerhäuser zu bewundern. Jedes Haus unterscheidet sich vom Nachbarhaus Man sieht schön gestaltete Erker. Die meisten Haustüren sind noch im Original erhalten und je nach Geschmack und Geldbeutel des Bauherrn sind die Eingänge mal einfach, mal sehr aufwendig und geschmackvoll gestaltet.

Das Haus des WeinMuseums Schlagkamp-Desoye ist ebenfalls ein Werk von Otto Finé. Auftraggeber war der Weinkommissionär und Kellerei-Besitzer Paul Desoye, der Urgroßvater des heutigen Besitzers Andreas Schlagkamp. Gebaut 1925/1926. Der ebenerdige Keller fasste einhundert Fuderfässer. Bis auf den Außenputz war das Gebäude fertiggestellt für die Hochzeit von Paul Desoye am 9. Februar 1927.

In der Folgezeit wurde der große Saal oberhalb des Kellers nicht nur von der Familie sondern auch von der Gemeinde und den Bewohnern Senheims. Es wurden Geburtstage gefeiert, es fanden Theater-Aufführungen statt, es war der Tanzsaal der Gemeinde und wurde auch für Kino-Aufführungen genutzt. Wer dort feierte durfte die Speisen mitbringen und dort verzehren, nur der Wein musste von Paul Desoye gekauft werden. Seit vielen Jahren nutzt die Familie Schlagkamp-Desoye den prächtigen Saal für Feiern jeder Art. Dieter Schlagkamp richtete dort seine riesige Sammlung an Geräten und Werkzeugen für Weinbau und Weinausbau ein. Der Saal wird immer wieder für Weinproben genutzt. Viele werden sich daran erinnern, dass wir 2019 im Festsaal Schlagkamp-Desoye das 40-jährige Bestehen des Regionalverbandes Cochem-Zell des Rheinischen Vereins feierten.

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Schatzmeister

Rudolf Conrads

Bankkaufmann, Dipl.-Betriebswirt, Dipl.-Volkswirt

Thematische Schwerpunkte

  • Finanzen des RVDL
  • Leitung der Marianne von Waldthausen Geächtnis-Stiftung
  • Pflege / Inwertsetzung der RVDL-Burgen
  • Weiterentwicklung der Verzahnung des Gesamtvereins mit den Regionalverbänden
  • Kreativer Partner für die Vorstände der Regionalverbände

Regionale Verantwortung

  • Schatzmeister im Freundeskreis der Burg Stahlberg e.V.
  • Schatzmeister im Freundeskreis der Burg Virneburg e.V.
  • Vorstandsmitglied im RVDL Regionalverband  Köln
  • Beiratsmitglied im RVDL Regionalverband Rhein/Mosel/Lahn
  • Vorsitzender des Beirats der Stiftung Lahn-Marmor-Museum

Kontakt

rudolf.conrads(at)rheinischer-verein.org