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Postkarte der Marienburg auf einer Erhöhung direkt an einer Moselschleife © gemeinfrei

Rundbrief vom Regionalverband Cochem-Zell – März 2021

01.03.2021

„Wenn die Menschen nicht zur Kultur gehen können, dann muss die Kultur zu den Menschen gehen!“ So kommentierte ein Empfänger unseren letzten Rundbrief. In diesem Sinne soll es – zunächst – weitergehen in der Hoffnung, dass wir in absehbarer Zeit wieder Kultur vor Ort erleben können. Und wer mich mit Texten und Fotos bei der Vorbereitung der weiteren Rundbriefe unterstützen kann, ist herzlich willkommen.

Nach der Bullayer Brücke am Kriegsende, Alf-Mosel, Kloster Stuben, Marienburg, Ediger-Eller, Römergräber Nehren und Senheim stellen wir diesmal Bruttig-Fankel vor. An Manfred Ostermann aus Bruttig vielen Dank für die Mitarbeit bei der „Redaktion“ und der Auswahl der Fotos.

Bruttig-Fankel

Die ältesten Zeugnisse der Besiedlung in der näheren Umgebung des Ortes sind die sehr gut erhalten Hügelgräber auf dem Bruttig-Fankeler Berg entlang des sogenannten „Rennweges“.

Der Ort Bruttig hat sowohl keltisch-römischen als auch merowingisch-fränkischen Ursprung. Die erste urkundliche Erwähnung als „Proteca im Mayengau“ datiert auf den 4. Juni 898 in einer Schenkungsurkund des lothringischen Königs Zwentibold.
Ein weiterer Hinweis darauf, dass der Ort eine keltische Siedlung war, ergibt sich aus dem Namen „Bruttig“ selbst. Sprachforscher leiten „Bruttig“ ab vom keltischen „Bruti-acum“, (d.h. Wohnung des Brut) über das lateinische „Proteca“ (898 n.Chr), und „Prodecha“ (1250 n.Chr.)
Reinhold Schommers schreibt im „Kunststättenheft des Rheinischen Vereins Bruttig-Fankel“ von 1992: „Bruttig = Bruttiacum geht sicher auf eine kelto-romanische Hofanlage zurück, die am Ausgang des Mühlenbaches zu suchen ist“. Im nachfolgenden Text wird mehrfach auf Texte dieses Kunststättenheftes zurück- gegriffen.
Bruttig ist Geburtsort des bedeutenden deutschen Humanisten Petrus Mosellanus. Als Peter Schade 1493 als eines von 14 Kindern des Winzers, Barbiers und Krämers Johann Schade geboren. Peter besuchte auf Kosten seines Onkels Schulen in Luxemburg und Limburg (Niederlande) sowie die Schule der Brüder vom gemeinsamen Leben in Trier. Von 1509 bis 1513 studierte Peter in Köln und ging als Geschichtslehrer nach Freiberg in Sachsen. 1515 kam er an die Universität Leipzig, deren Rektor er 1520 wurde. Ein Brunnen am Moselufer erinnert an diesen berühmten Sohn der Gemeinde Bruttig.

Pfarrkirche St. Margaretha:

Nach einem romanischen Vorgängerbau wurde 1490 ein Neubau beschlossen. Erhalten ist von diesem Kirchenbau der fünfgeschossige Westturm, 23 m hoch. Darüber eine mit regelmäßigen Fischblasenmustern verzierte Balustrade aus rotem Sandstein. Der 22 m hohe, achtseitig verschieferte Turmhelm hat an den vier Turmecken 4.50 m hohe Ecktürmchen mit Bleikrabben und Vögeln.
Das Kirchenschiff in der heutigen Form wurde von 1845-1847 erbaut. Bei der an den Turm nach rechts anstoßenden Giebelwand ist in die Blendnische ein Kreisfenster und darunter ein Portal mit einem reich profilierten Basaltlava-Gewände eingefügt.
In den Neubau übernommen wurde einige Ausstattungstücke der Vorgängerkirche: In die Chorwand eingelassen wurde das spätgotische Sakramentshaus aus rotem Sandstein. Nach einem Besuch der Kirche ist ein Gang über den umliegenden Friedhof mit zahlreichen historischen Grabdenkmälern zu empfehlen.

Die Synagoge

In Bruttig waren – auch durch die Nähe zu Beilstein mit seiner seit 1309 bezeugten Judengemeinde – immer Juden ansässig. In der Volkszählung von 1817 sind 31 jüdische Bürger genannt, deren Zahl sich bis 1858 auf 50 erhöhte. Sie gehörten zur Kultusgemeinde Beilstein und wurden auch auf dem dortigen Friedhof begraben.

Synagoge in Bruttig © Rolf Kranz, wikimedia

Um 1835 erbaute sich die Gemeinde im Mühltal im Schatten der Pfarrkirche einen Betsaal, ein durch rundbogige Blendnischen gegliederter, giebelseitiger Bau mit einem Gesims in Höhe des Bogenansatzes. Das Bethaus wurde 1925 geschlossen, nachdem die Zahl der gläubigen Juden unter 22 Personen gesunken war und dauerhaft keine vorgeschriebene Zahl von 10 Männern (Minjan) anwesend sein konnte. Der Bau wurde privatisiert und als Scheune genutzt.
2003 wurden bei einer studentischen Bauaufnahme die Spuren der kultischen Nutzung dokumentiert. Im Keller wurde das rituelle Bad, die Mikwe, wiederentdeckt, das bis 2005 ausgegraben wurde. Bei den Baumaßnahmen wurden auf dem Dachboden auch die Überreste einer Geniza entdeckt (ein Depot für nicht mehr benutzte liturgische Schriften).
Die profanierte Synagoge wurde von der Gemeinde Bruttig-Fankel 2005 erworben und umfassend restauriert. Es gründete sich ein Förderverein, der das Gebäude pflegt und mit kulturellen Veranstaltungen wieder mit Leben erfüllt.
Die Moselfront von Bruttig wird weitestgehend von historischer Bausubstanz geprägt. Häuser mit Schwebegiebel und Fachwerkbauten dominieren das Bild. Dabei ist das ehemalige 1619 erbaute Rathaus mit gut erhaltenem Festsaal ein ganz besonderes Schmuckstück.

Haus Schunk

Einer der bedeutendsten Profanbauten an der Moselfront ist das 1659 von Paul Pauli und Anna Elisabeth Dederichs erbaute Haus, das um 1800 in den Besitz der Familie Schunk kam.
Das Haus war Wohnung des kurtrierischen Schultheißen, in dem im Untergeschoss ein „Gerichtszimmer“ mit Warteraum eingerichtet war, zu dem es einen eigenen zur Straße hin mit einem Portal abgeschlossenen Zugang gab.
Die Paulis waren Handelsleute, die Wein und andere landwirtschaftliche Produkte vornehmlich in Köln verkauften. 1716 erwarben sie den Posthof in der Glockengasse in Köln, heute vergleichbar mit einer Verkehrs- und Warenzentrale. Ihren familiären Wohnsitz behielten sie trotzdem noch bis kurz vor 1800 in Bruttig.
Anfang des 19. Jahrhunderts erwarb das Haus Bartholomäus Schunk aus Bruttig, ein Bruder des Professors Doktor Johann Peter Schunk, Ehrendoktor der Universität Paris und ein paar Jahre später, während der Säkularisation unter Napoleon, auch einen großen Teil des Weinbergsbesitzes des aufgelösten Nonnenklosters Maria Engelport in der Gemarkung Fankel. Auch Bartholomäus Schunk war Winzer und Handelsmann in der Art wie die Familie Pauli.

Schunk´sches Haus, Blick durch die Schunk´sche Straße zur Pfarrkirche St. Margaretha © Rolf Kranz, wikimedia

Die letzte Nachfahrin der Familie Schunk stiftete Haus und Grundvermögen 1922 der Missionsgesellschaft der Oblaten, die 1903 in Engelport eine Niederlassung gründete und das Schunk’sche Haus als Hofhaus und Noviziat nutzten, 1965 und 1982 ging das Haus an Privatpersonen, die vor allem das Äußere des Hauses renovierten und zu Wohnzwecken im Innern ausbauten. Besonders eindrucksvoll ist die weitgehend erhaltene Innenausstattung. Das Haus besitzt einen moselseitigen „Diensteingang“ mit schöner Einrahmung durch ein rundbogiges Portal. Beeindruckend ist das Treppenhaus mit seiner einmaligen Wendeltreppe und die Wohnräumlichkeiten mit stuckierten Balkendecken, sogenannten „Kölner Decken“.

Eisenbahnlinie rechts der Mosel von Koblenz bis Bullay

Nach Fertigstellung der Strecke Koblenz-Trier 1879 auf der linken Moselseite und dem Bau des „Kaiser-Wilhelm-Tunnels“ waren die Dörfer entlang des Cochemer Krampens von Eisenbahnverkehr abgeschnitten. Bereits 1905 gab es Bestrebungen, zum Bau einer Eisenbahnlinie rechts der Mosel, wobei ein 2.565 m langer Tunnel zwischen Treis und Bruttig das Kernstück war. Für den preußischen Staat hatte eine solche zweite Eisenbahnlinie hohen militärstrategischen Wert. Aber erst 1914 wurde mit den Arbeiten begonnen. Der Tunnel wurde durchgebrochen und die Strecke sollte mitten durch das Dorf Bruttig führen. Es wurde ein riesiges Damm-Bauwerk erstellt für das zahlreiche Wohnhäuser weichen mussten. Nach dem 1. Weltkrieg kam das Bauvorhaben vorübergehend zum Erliegen und wurde später völlig eingestellt. Der mächtige Damm zerschneidet heute noch Bruttig in zwei Teile, unterbrochen von 12 Durchfahrten. Alle bisherigen Bemühungen um einen Rückbau des Dammes wurden von der Bahn abgelehnt. Es würde nach einem Abriss ca.4.500 qm Bauland entstehen verbunden mit einer Aufwertung des Bruttiger Ortsbildes. Bedrückend sind die Ereignisse in den Jahren 1944 – 1945 als der Tunnel von KZ-Häftlingen zur „Fabrikhalle für kriegswichtiges Material“ bombensicher aus- und umgebaut wurde. Für die KZ-Häftlinge wurde am südlichen Ende des Dammes Baracken aufgebaut.

Fankel

Während Bruttig sich vorwiegend am Moselufer entwickelte, lag Fankel bis zum Moselausbau in den 1950er und 60er Jahren versteckt hinter ausgedehnten Bungerten und breitete sich entlang der „Brunnenstraße“ aus, die noch heute ein seltenes Ensemble historischer Herren- und Hofhäuser bildet.

Das Dorf ist als „vankela“ (vom Fränkischen „fank“ = sumpfiges Gelände) erstmals um 1100 in einem Stiftsgüterverzeichnis von Karden mit Äckern und Weinbergen erwähnt.

Collage zu Bruttig-Fankel © Klaus Wendt

Das Dorfbild von der Mosel her gesehen hat sich mit dem Moselausbau erheblich verändert. Zwischen dem alten Dorfkern und der Mosel befand sich vor dem Moselausbau ein ausgedehntes Wiesengelände das nahe des Flusses mit Laachen hinter einem Damm, wahrscheinlich, stammend aus der Zeit der preußischen Moselregulierung in den 1850er Jahren. Diese stehenden Gewässer waren bevölkert von Fischen und Amphibien, die abends ein fröhliches Konzert gaben. Daher stammt auch der Spottname „Fankela Fröschelscher“ für die Fankeler Bevölkerung.

Die Kirche

Die Kirche „Maria Himmelfahrt“ war von je her Filialkirche der Pfarrgemeinde Bruttig.1969 erfolgte der Zusammenschluss der Kommunen zur Gemeinde „Bruttig-Fankel“.

Schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts gab es in Fankel eine romanische Kapelle. Von diesem Bau blieb der fünfgeschossige Turmschaft erhalten, der ursprünglich ein Pyramidendach trug. Der heutige Turmhelm, achteckig mit vierflächigen mit Bleifialen besetzten Ecklösungen und wohl jüngeren Wichhäuschen als Schallfenster, gehört in die Reihe der spätgotischen Turmhelme der Umgebung. Im Jahr 1356 brachte ein Erdbeben das Kirchenschiff zum Einsturz was nach 1385 zum Neubau des Kirchenschiffs neben dem erhaltenen Turm führte. Es entstand eine einschiffige Saalkirche mit mächtigem Mauerwerk. Elemente einer Wehrkirche sind nicht nur durch die vergitterten Kirchenfenster auch heute noch erkennbar. Von der spätgotischen Ausstattung ist noch ein bedeutsamer Sakramentsschrein der Erbauungszeit erhalten, 2,05 mal 0,50 m groß. Das Gewölbe wird von reichem Figurenschmuck „getragen“. Auf dem umliegenden Friedhof findet man eine Vielzahl historischer Grabsteine und Grabplatten.

Die Filialkirche Fankel hatte schon in früheren Jahrhunderten, für die damaligen Verhältnisse, einen nicht unerheblichen Grundbesitz. Zum Teil im Eigenbesitz und eine ganze Anzahl von abgabepflichtigen Rechten an Grundstücken anderer Eigentümer. Diese Weinberge nannte man bis in die 1970er Jahre die „Muttergottes-Wingerde“. Dazu gehörte auch eine Kelteranlage mit Weinkeller neben der Kirche. Mit diesem Wirtschaftsbetrieb wurde früher eine eigene „Frühmesserei“ betrieben, die mit einem Kaplan besetzt wurde. Im Weinbergs-Flurbereinigungsverfahren wurden diese Rechte fast alle durch eine einmalige Zahlung der Eigentümer abgegolten und im Grundbuch gelöscht.

Die historische Bausubstanz in Fankel ist einmalig und zum größten Teil liebevoll gepflegt. Ein Gang durch die Brunnenstraße ähnelt einem Freilichtmuseum mit Bauten aller Stil-Epochen angefangen bei der Romanik. Zu diesem Ensemble hoch interessanter Bauten tragen die Hof- und Herrenhäuser ab dem 14. Jahrhundert bei. Ortsbildprägend ist das ehemalige Rathaus, das in seiner Funktion als „Spielhaus“ eher den heutigen Dorfgemeinschaftshäusern gleicht, Gleich drei Straßen biegen von den hohen Durchfahrten des Rathauses ab.

Eine Besonderheit für einen Mosel-Ort ist die Tatsache, dass bis nach dem Moselausbau die Brandbekämpfung nicht von der Mosel aus organisiert werden konnte. Zu diesem Zweck gab es einen begehbaren, kellerartigen Brandweiher neben dem Friedhof, der von einem dauernden Zulauf gespeist wurde.

Eine andere Besonderheit bestand darin, dass man das benötigte Mehl für die Bevölkerung nicht in einer herkömmlichen Mühle, an einem Bachlauf mit Mühlteich und Mühlrad innerhalb der Ortsgrenzen mahlen konnte, weil die Gegebenheiten dafür nicht vorhanden waren. Aus diesem Grund ließ der Bischof und Kurfürst von Trier, Johann von Isenburg um 1550, in der Mosel-Furt gegenüber von Fankel, eine schwimmende Mehlmühle erbauen. Diese tat ihren Dienst bis um 1812. Auch sie wurde als geistlicher Besitz in der Säkularisation versteigert.

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Schatzmeister

Rudolf Conrads

Bankkaufmann, Dipl.-Betriebswirt, Dipl.-Volkswirt

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  • Pflege / Inwertsetzung der RVDL-Burgen
  • Weiterentwicklung der Verzahnung des Gesamtvereins mit den Regionalverbänden
  • Kreativer Partner für die Vorstände der Regionalverbände

Regionale Verantwortung

  • Schatzmeister im Freundeskreis der Burg Stahlberg e.V.
  • Schatzmeister im Freundeskreis der Burg Virneburg e.V.
  • Vorstandsmitglied im RVDL Regionalverband  Köln
  • Beiratsmitglied im RVDL Regionalverband Rhein/Mosel/Lahn
  • Vorsitzender des Beirats der Stiftung Lahn-Marmor-Museum

Kontakt

rudolf.conrads(at)rheinischer-verein.org