Opernhaus Düsseldorf © Silvia Margrit Wolf, LVR-ADR

Statt Erinnerungskultur: Abrisswelle droht in NRW

17.05.2023

In einem Leserbrief bezieht der RVDL-Vorsitzende Tobias Flessenkemper Stellung zum Interview mit Hans Walter Hütter, Vors. des Präsidiums der Stiftung Haus der Geschichte NRW („Historische Orte veranschaulichen Demokratie“ – Erinnerungskultur und ihre Bedeutung, Rheinische Post vom 14.05.23):

Leserbrief

„Historische Orte veranschaulichen Demokratie, sagt Herr Hütter, Präsident des Hauses der NRW-Geschichte, im Interview mit der Rheinischen Post am 14. Mai 2023.

Das ist richtig. Deshalb setzt sich der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz seit 1906 für den Erhalt dieser Orte ein. Die Realität ist jedoch eine andere: Durch das neue Denkmalrecht, beschlossen von CDU und FDP im April 2022, droht in Nordrhein-Westfalen die größte Abrisswelle seit den 1960er Jahren zu wüten. Opfer von Abriss und Zerfall zu werden, steht vor allem den Orten des demokratischen Aufbruchs nach dem Zweiten Weltkrieg bevor, darunter:

  • Kirchen und Gemeindebauten in den Bistümern Essen und Köln und der Evangelischen Landeskirche im Rheinland;
  • innovative Bauten der Bildungsoffensive mit Universitätsgebäuden wie dem Rolf-Gutbrod-Ensemble der Universität Köln
  • Bürger- und Kulturbauten wie die „Laubfroschoper“ in Mettmann, die Volkshochschule in Mülheim/Ruhr, das Stadthaus in Bonn oder – wie jetzt gerade diskutiert – das Opernhaus Düsseldorf

Das Beispiel des Opernhauses in Düsseldorf zeigt die Gefahren mangelnder demokratischer Kontrolle und des Abbaus von Schutzmechanismen besonders deutlich. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller darf heute allein entscheiden, ob der denkmalgeschützte Bau zugunsten einer vermutlich nicht lange währenden „Investorenarchitektur” abgerissen wird. Denn Keller kann als Chef der Verwaltung den Denkmalschutz aufheben. Eine unabhängige, vor allem fachliche Kontrolle seiner Entscheidung ist nicht mehr vorgesehen. Seine „Empfehlung“ an den Rat der Stadt darf durchaus als eine Präjudizierung der Entscheidung gelten.

Unkontrollierte Entscheidungsgewalt über das gemeinsame Erbe der Gesellschaft und Europas ist der Geschichte und Tradition unseres Bundeslandes nicht würdig. Mit dem Abriss des Opernhauses an der Heinrich-Heine-Allee verschwindet der Ort, an dem der erste frei gewählte Landtag von Nordrhein-Westfalen am 2. Oktober 1946 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat. Dieser Vorgang passt zum Eindruck einer Politik und Verwaltung, die den Kontakt zu Geschichte und Zukunft zu verlieren riskiert.

Das Denkmalschutz-Bündnis Nordrhein-Westfalen hat seit 2021 vor den Risiken solcher Einzelentscheidungsgewalt gewarnt, die tagespolitische und individuelle Interessen über die Bewahrung eines gemeinsamen europäischen Kulturerbes stellt. Dass solche willkürlichen Entscheidungen zur Regel werden könnten, erfüllt uns nicht mit Befriedigung, sondern mit großer Sorge.
Sollte Oberbürgermeister Keller den Denkmalschutz aufheben und das Opernhaus abgerissen werden, könnte ein neues Gebäude hier eines Tages als Gedenkort für ein „Denkmal-NICHT-Schutzgesetz” gelten. Mit diesem Gesetz wurde der Denkmalschutz in Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2022 de facto vom Verfassungsauftrag zu einer Verwaltungssache degradiert – mit dem Ziel der optimalen Nutzbarmachung aller Dinge, Orte und Landschaften.
2024 wird die Bundesrepublik Deutschland, mitbegründet vom freien Bundesland Nordrhein-Westfalen, 75 Jahre alt. Es wird Zeit, dass die Risiken für Denkmäler und Landschaften sowie die Risiken eines Mangels an Transparenz und Integrität durch eine Gesetzesänderung rückgängig gemacht werden. Den unübersehbaren Symptomen eines populistischen Abbaus demokratischer Errungenschaften und europäischer Werte der guten Regierungsführung muss entschlossen entgegengetreten werden.
Ein abgerissenes Denkmal Opernhaus, wäre ein „politisches Denkmal“ für den Abbau demokratischer Werte und für die Zerstörung erlebbarer Orte der Geschichte des Landes. Herrn Hütters Aufgabe droht so zum Einsammeln von Überbleibseln für den „MuseumMobil-Container“ zu werden, nicht jedoch zur Mitgestaltung einer Zukunft am geschichtlichen Schauplatz, im belebten Denkmal vor Ort.“

Den gesamten Leserbrief gibt es auch zum Download

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